Kunst

Kunst

 

Diese Überschrift ist weder Metapher noch Angeberei. Denn in Stiefern sitzt mit Peter Klitsch ein renommierter Vertreter der Wiener Schule des Phantastischen Realismus – und für viele zuletzt fast ein zu stiller. Er kennt das Leben, die Welt und das Abenteuer, aber er ist kein autobiographischer, anbiedernder Nacherzähler, sondern ein „Übersetzer“ mit Tiefgang: Das Phantastische und das Schöpferische an seinem Realismus besteht in der Verfremdung der Realität – in der individuellen Deutung, die konsequenterweise jede Menge Versatzstücke ins Spiel bringt. Hierzu muss man auch intellektuell ein Kosmopolit sein, und die Einstufung des Meisters als „Märchenerzähler“ oder „Träumer“ ist wohl gar zu oberflächlich. Ein gutes Gegenargument ist der hohe Respekt, der Peter Klitsch im „realen“ Dorfleben zuteil wird: Das treffliche Etikett für den 1100-Jahr-Jubiläumswein von Stiefern, „Vinum Iosephi“, konnte gar kein anderer entwerfen als „der Professor Klitsch“. Seine breit gefächerten Arbeitstechniken (Aquarell, Zeichnung, Radierung, Lithographie, Ölmalerei, Glaskunst) spiegeln und bestätigen seinen weiten Horizont. Und die meisterliche Perfektion manifestiert bis in jedes Detail auch handwerkliche Seriosität und Kompetenz.

Der jetzige Wohnsitz von Peter und Mihoko Klitsch (Hauptstraße 10) steht unterhalb der einstigen Stiefinger Burg „auf historischem Boden“: Vermutlich befand sich dort bis 1341 der Pfarrhof. Die Gemeinde Schönberg hat in den 1990er Jahren mit aller Macht den Abbruch jenes Althauses angestrengt. Peter Klitsch hat diesen kulturellen Verlust durch den Ankauf des Hauses verhindert. Er renoviert es schrittweise und entwickelt es zu einem multifunktionalen Künstlerdomizil.

Literaturempfehlung

Ernst Englisch (Hrsg.), Peter Klitsch. Nachmittag des Abenteurers. Stiefern 1984

Ein Interview mit dem österreichischen Künstler Peter Klitsch

durchgeführt von Dr.phil. Charles J. Quilter II

Department of History {Fachbereich für Geschichte}

University of California Irvine {Universität California Irvine}

English Version

Anmerkungen: Das Interview wurde phasenweise in Stiefern (Österreich) zwischen März und April 2010 durchgeführt. Der Interviewer hat kleinere Änderungen am Text betreffend Kontinuität, Klarheit, Rechtschreibung und Grammatik vorgenommen, die vom Befragten zur Kenntnis genommen und genehmigt wurden. Zum besseren Verständnis des Zusammenhangs wurden vom Interviewer stellenweise Erklärungen in [Eckklammern] beigefügt. Die Übersetzerin MMag. Silvia Sulfridge hat des Weiteren ihrerseits Erklärungen in {geschwungen Klammern} eingefügt.


F: Vorab wollen wir Folgendes klären, wo wurdest du geboren und wer waren deine Eltern?

A: Ich wurde 1934 in Wien geboren. Mein Vater, Wilhelm Klitsch, war Schauspieler. Seine Mutter stammte aus einer Hugenotten-Familie, die aus dem französischem Verney (das gleich an das protestantische Genua grenzte) geflüchtet war. Voltaire stammt auch von dort. Mein Großvater, also Willhelms Vater, war Geschäftsmann und verkaufte Tabakpfeifen am Graben in der Nähe vom Stephansdom. Er war Hoflieferant, das heißt er war damit beauftragt, Pfeifen an den kaiserlichen Hof zu verkaufen. Diese Titel waren im damaligen Österreich wirklich sehr wichtig, also nehme ich an, dass er ein ziemlich exklusiver Händler war. Mein Vater war Schauspieler am Volks-theater und später Professor an der Akademie für darstellende Kunst. Er leistete keinen Militärdienst im ersten Weltkrieg, da Schauspieler und Künstler davon befreit waren.

F: Hast du irgendwelche Erinnerungen an deinen Vater Wilhelm? Soviel ich weiß…

A: Ich weiß noch, dass ich mich bei Tisch immer äußerst anständig benehmen musste. Vati hat mich nie verwöhnt, aber Mutti schon. Ich habe selbst keinen seiner Auftritte gesehen, aber ich erinnere mich, dass ich bei einer meiner Vernissagen in einer Galerie in Perchtoldsdorf im Jahre 1970 einige ältere Damen kennen lernte, die große Bewunderer meines Vaters in den 20igern waren. Sie erzählten mir, dass sie damals seine Fotos von den Theaterprogrammen regelrecht verschlangen!

F: Erzähl mir mehr über deine Mutter.

A: Ihr Vater war ein Architekt aus Kärnten und war Teil der Wiener Werkstätte Gruppe, die Häuser und, interessanterweise, Möbel im Stil von Loos und Bucher entwarfen. Während der Nazi-Ära entwarf er eine Vielzahl an Villen für die Nazi-Elite in den Wiener Vororten. Er war auch Teil einer Arbeitsgruppe, die die Luftwaffen-Landeplatz Gebäude bei Langenlebarn in der Nähe von Tulln entwarf. [Das Flugfeld war während der alliierten Besatzung Österreichs von 1945-1955 ein amerikanisches Flugfeld und ist heute eine der Hauptstützpunkte der österreichischen Luftwaffe.] Mein Opa war ein sogenannter „kleiner Nazi“.

Für meine Mutter war mein Vater ein Held - nein, eher ein Gott! Sie war seine Studentin und wurde seine zweite Frau, nachdem seine erste Frau an Krebs verstorben war. Sie heirateten um 1933. Sie war wunderschön und sanftmütig. Ihr Problem war, dass sie, als junges Mädchen, verrückt war nach berühmten Schauspielern. Plötzlich war sie Teil dieses Schauspieler-, Schriftsteller- und Künstlerkreises. Ich weiß, dass [der Schriftsteller] Stefan Zweig regelmäßig bei uns zu Abend aß. Sie lebten ein großbürgerliches Leben in der Oberschicht, sie hatten Bedienstete und von ihrer Dachgeschosswohnung in der Liniengasse 2A im sechsten Bezirk konnten sie den östlichen Teil Wiens überblicken. Als Säugling hatte ich sogar eine tschechische Amme.

Im Jahre 1938 [nach dem Anschluss mit Nazi-Deutschland] verlor mein Vater seine Stelle an der Akademie für Darstellende Kunst, da er ein christlicher Sozialist war. Die Nazis wollten ihn auch aus dem Volkstheater, seinem Haupthaus, hinauswerfen, allerdings protestierten seine Anhänger dagegen und die Nazi-Spitze gab klein bei. 1941 hatte Vati einen Schlaganfall und starb. Mutti hatte kein Einkommen mehr und machte einen Sekretärinnen-Kurs, woraufhin sie als Referenz-Bibliothekarin für die Wiener Justiz bis zu ihrer Pensionierung arbeitete. Wir lebten in der großen Wohnung bis 1965, als ich Marika heiratete. Wir verkauften unseren Mietbesitz um so getrennte Wohnsitze zu erwerben. Von 1943 an ging ich zwei Jahre auf ein Internat in Döbling. Es handelte sich dabei um die untere Abteilung einer Napola [Nationalpolitische Lehranstalt], eine Ausbildungsstätte, die die Nazis für Kinder eingerichtet hatten. Ab 1944 verbrachte ich meine Ferien mit meinen Großeltern mütterlicherseits in Hietzing [ein wohlhabender Vorort westlich von Wien], da meine Mutter Angst vor Bomben hatte und um meine Sicherheit besorgt war. [Der erste Luftangriff auf Wien fand in Floridsdorf 1944 statt. Die meisten nachfolgenden Luftangriffe hatten Flugzeugproduktionsstätten und Raffinerien, wie etwa Schwechat, Moosbierbaum oder Wiener Neustadt zum Ziel.]

F: Was sind deine Erinnerungen an den Krieg?

A: Ich erinnere mich daran, als ich die viermotorigen amerikanischen Bomber mit dem Fernglas meines Großvaters beobachtete, obwohl keine der Bomben in der Nähe des Hauses landeten. Ich konnte sehen, wie sich die „Bauchtüren“ des Flugzeugs öffneten und Bomben herauskamen. Als „der Iwan“ [also die Russen, die rote Arme] nahe an Wien heran kam, sah ich zwei deutsche Messerschmitt 109 und einige russische Flugzeuge, verwickelt in einen Kampf über Wien. Ich war mir nie sicher, wer gewonnen hat.

Zu Beginn des Jahres 1945 übernahmen SS Männer die Führung der Schule und wir mussten für die Verteidigung Wiens trainieren. Ich war zehn Jahre alt. Eines Tages wurden meine Klassenkammeraden und ich mit einem Laster zu einem Steinbruch gebracht. Uns wurde dann ca. eine Stunde lang gezeigt, wie man eine Panzerfaust bedient. Die meiste Zeit wurde hervorgehoben, wie wichtig es war nicht am hinteren Ende der Waffe zu stehen, wenn diese abgefeuert wurde [wegen des Rückflammers]. Sie stellten ein hölzernes Ziel auf, um so einen Panzer zu simulieren und wir durften alle einmal eine Panzerfaust abfeuern. Bumm! Das war ein Riesenspaß, leider habe ich nicht getroffen!

Eines Tages, es war ein Tag bevor Ostern 1945 [der erste April], musste ich ins Büro des Schuldirektors. Ich hasste die Schule und war daher besorgt, dass ich irgendetwas angestellt hatte. Es stellte sich heraus, dass meine Mutter hier war. Irgendwie war es ihr gelungen ein Auto, das Eigentum des Gerichts war, mit einem Fahrer zu „organisieren“, und wollte mich fort bringen. Ich protestierte dagegen und rief, „Aber Mutti, ich muss doch Wien verteidigen!“ Daraufhin schlug sie mir Mitten ins Gesicht. Einer der anwesenden SS Männer wollte eingreifen, aber meine Mutter hob die Hand, als ob sie ihm auch eine geben wollte. Natürlich hätte der SS Soldat sie an Ort und Stelle umbringen können, aber er tat nichts dergleichen. Er schien zu akzeptieren, dass meine Mutter wie eine Löwin um ihr einziges Kind kämpfte und ließ sie und mich gehen. Ich glaube das war wohl das Mutigste, das sie je getan hatte. Wir fuhren zum Haus meiner Großeltern nach Hietzing in der Gogolgasse, wo wir den Rest des Jahres 1945 verbrachten. Das war großartig… keine Schule!

F: Was geschah als die Rote Armee ankam?

A: Hm, ich kann mich nicht daran erinnern, dass bei uns in der Nähe viel gekämpft wurde. [Die Belagerung und Einnahme Wiens dauert vom zweiten bis zum dreizehnten April 1945. Der Großteil des Kampfgeschehens ereignete sich entlang des Südbahnhofs und des Donaukanals, etwa sechs bis zehn Kilometer östlich von Hietzing entfernt.] Es war nicht wirklich eine „Befreiung“ für uns, aber es WAR das Ende des Krieges. Die Russen belagerten ganz Wien, aber sie benahmen sich sehr schlecht. Es gab sehr viele Vergewaltigungen usw. Ich weiß, nicht wie es meiner Mutter damit erging. Sie war hübsch, aber sie hat mir nie erzählt, ob sie missbraucht worden war oder nicht.

Kurz nach dem Ende des Krieges tauchte eine russische Panzer-Reparatur Einheit, etwa zehn Iwans, im Garten meines Großvaters auf und parkte dort. Er wurde sehr wütend, denn die Panzer hatten seine heißgeliebten Rosen zerquetscht! Sie übernahmen die Schlafzimmer im ersten Stock und wir wohnten über ihnen. Meine Großmutter kochte für sie und stahl natürlich einen Teil ihres Essens, um uns damit zu versorgen. Sie war ein Fliegengewicht, aber sie konnte ganz schön wild werden. Sie schimpfte mit ihnen, wenn sie ihre Stiefel vor dem Schlafengehen nicht auszogen. Mein Großvater war ziemlich schlau; er lernte jeden der Russen persönlich kennen – Iwan Nr. 1, Sascha Nr. 2 usw. Nach einer Weile fand er heraus, dass diese Typen nicht viel von den komplexen Systemen ihrer Panzer wussten. Ich erinnere mich noch daran, als sie erfolglos versuchten, eine Kraftstoff-Einspritzpumpe oder etwas Ähnliches zu reparieren. Daraufhin zerlegte mein Großvater das Ding und reinigte es, oder reparierte etwas, und baute es wieder zusammen. Es funktionierte und die Russen schätzten es sehr. Aber für meinen Großvater war die eigentliche Motivation sie als „Beschützer“ vor den anderen Russen zu behalten.

F: Erzähl mir mehr über deinen Großvater.

A: Sein Name war Herbert Mayer und er war Architekt. Ich glaube er hatte an der Technischen Universität studiert. Er war ein „kleiner Nazi“. Nach 1938 musste man Parteimitglied sein, um Aufträge zu bekommen. Seine Arbeit am militärischen Flugfeld bei Tulln/Langenlebarn resultierte aus der Parteimitgliedschaft. Im Sommer des Jahres 1945 steckte ihn die Obrigkeit der Österreichischen Besatzungspolizei ins Gefängnis.

Gegen Ende des Krieges liefen viele Nazi Befehlshaber nach Westen in die amerikanische Besatzungszone. Mein Opa tat das nicht. Er sagte, er hätte nichts verbrochen und blieb in Hietzing. Sie ließen ihn gehen, da er schon ein alter Mann war, über 60 Jahre alt, und er arbeitete weiterhin als Architekt. Ich weiß, dass er in den frühen Fünfzigern ein Hotel in Peyerbach entworfen hat, das am Fuße des Semmering Passes gelegen ist. Dann ging er in Pension. Ich weiß nicht, wo seine Pension her kam, aber er war keineswegs in {finanziellen} Schwierigkeiten. Er hatte ein Auto, ein Steyr „Baby“, ein frühes Porsche Modell mit einem Vierzylinder-Boxermotor wie der VW.

F: Ich erinnere mich an deinen Onkel Herbert Mayer.

A: Ja, er war der einzige Sohn meines Großvaters. Er war ein Kampfpilot während des Kriegs und flog 109er Messerschmitt-Flugzeuge im Gebiet der Baku Ölfelder. Für mich war er der Held der Familie. [Im Vergleich dazu:]Mein Großvater war sehr dominant und hatte nicht allzu viel Humor. Ich sah ein Foto von Onkel Herberts Flugzeug mit einigen Sternen am Heck und dachte, dass diese für abgeschossene Russen standen. Er sprach nicht gern darüber. [Herbert Mayer Junior nahm später an einem Luft-Boden-Raketenangriff teil, der sich gegen den alliierten Schiffsverkehr an der italienischen Küste richtete.]

F: Es gab keine Schule. Was hast du gemacht?

A: Keine Schule. Das war himmlisch! Da es überall an Lebensmittel mangelte, wurde ich ein kleiner Schwarzmarkthändler. Das war ein großes Abenteuer für mich, aber es half meiner Familie zu überleben. Die „Nazi-Großkopferten“, {in Österreich oder Bayern für großes Tier, wichtige Persönlichkeit} die in Hietzing gewohnt hatten, waren längst geflohen, die meisten nach Salzburg, wo die Amerikaner waren. Mein Großvater hatte einige dieser Häuser gebaut und viele hatten einen Tunnel, der von dem jeweiligen Keller wegführte. Also holte ich mir eine Fackel und begann meine eigene Entdeckungstour. In einem fand ich eine Schachtel mit Glasampullen, gefüllt mit Penizillin oder irgendeinem anderen Antibiotikum. Dieses Zeug war schon etwas wert am Schwarzmarkt, also begann ich es gegen Butter, Mehl und ähnliches einzutauschen. Die Polizei war verschwunden und die Kommunisten in Wien – erinnere dich daran, dass Wien traditionell „Rot“ war – kamen aus ihren Verstecken heraus, legten ihre roten Armbinden mit Hammer und Sichel an und traten als eine Art selbst ernannte Polizeieinheit auf, um ihre eigenen Zwecke zu erfüllen. Da war ich nun, ein Kind mit kurzen Lederhosen und Hosenträgern. Ich wurde einige Male angehalten, aber ich lernte schnell dramatisch zu weinen, du weißt schon, mit Tränen und Schluchzen. Ich war ein guter Schauspieler! Sie ließen mich jedes Mal gehen ohne mir irgendetwas wegzunehmen!

Mein größter Erfolg am Schwarzmarkt jedoch waren Modellflugzeuge. Ich brach in ein HJ Heim am Lainzerplatz ein [HJ = Hitlerjugend]. In einem Abstellraum fand ich viele Baukästen für Modellflugzeuge; genau genommen waren es Segelflieger. Vielleicht waren sie dazu gedacht, das Erkennen von Flugzeugen zu erlernen oder generell über Flugzeuge Bescheid zu wissen, ich weiß es nicht. Wie auch immer, alles was man zum Zusammenbauen brauchte war da: Holzteile, Papier, Lack, Kleber usw. Ich nahm einen mit nach Hause und baute ihn zusammen. Dann machte ich einen Testflug. Er flog ziemlich gut. Ein Bauernbursche sah den Flieger und bot mir ein halbes Kilo Butter zum Tausch an. Meine Großmutter war mit dieser Entwicklung sehr zufrieden! Da formte sich in meinem jungen Gehirn der Gedanke, dass es einen richtigen Absatzmarkt geben könnte! Ich ging einige Male zu dem HJ Heim zurück und stahl so viele Baukästen wie ich nur tragen konnte. Dann, mit der Hilfe meines Großvaters, startete ich eine Fließbandproduktion. Einmal bauten wir zehn bis zwanzig Flugzeugrümpfe zusammen, dann die Flügel, usw. Ich nahm sie mit zum Schwarzmarktplatz Resselpark gleich vor der Technischen Universität und tauschte sie gegen Lebensmittel ein: Mehl, Brot, Eier und Saccharin. Es wundert mich noch immer, warum sie sich so gut verkauften. Vielleicht weil es schlechte Zeiten waren und keine anderen Spielsachen erhältlich waren. Sicherlich war ich der einzige am Markt mit Flugzeugen.

F: Aber schlussendlich musstest du zurück in die Schule, oder?

A: Anfang 1946 begann die Schule wieder. Ich ging in die Realschule in der Marchettigasse in der Nähe unserer Wohnung in der französischen Besatzungszone. In einer Realschule lernte man weder Latein noch Griechisch, sondern nur moderne Sprachen wie Französisch oder Englisch mit ein bisschen Literatur plus Mathematik und Naturwissenschaften. Ich war ein schlechter Schüler und nur interessiert an Kunst und Sport. Schon damals war es mein Traum, Maler zu werden, aber meine Noten waren schlecht und ich musste die siebte Klasse wiederholen, als ich 17 war. Der einzige Lehrer den ich wirklich mochte war Prof. Ernst Höffinger, der Kunst lehrte und selbst ein berühmter realistischer Maler war. Er empfahl mich an die Akademie für Angewandte Kunst am Stubenring weiter und ich fing 1951 an dort zu studieren.

F: Was für Erfahrungen hast du in der Akademie gemacht?

A: Mich faszinierte was später der Fantastische Realismus genannt wurde nachdem ich Ausstellungen und Bilder von Salvador Dali, Renee Magritte, Jean Cocteau, dem Deutschen Max Ernst, der in den Staaten lebte und von vielen anderen gesehen hatte. Es war sehr aufregend für mich, die Idee, Träume und Fantasien auf Leinwand zu bannen. Nach dem Krieg war es wirklich so, als hätte sich ein Fenster geöffnet. Als Kind wusste ich nichts darüber [die Kunstrichtung]; ich zeichnete Flugzeuge wie ich sie in Langenlebarn gesehen hatte, Me 109er und andere verschiedene Schul- oder Trainerflugzeuge. Meine Großeltern hatten dort ein Miethaus, während er an der Planung der Luftfeldgebäude arbeitete. An den Wochenenden fuhr ich mit dem Zug dorthin.

Diese neue Art zu malen hatte noch keinen Namen. Wir nannten es bloß realistische Traummalerei . Später begannen Journalisten und Kunstkritiker es fantastischer Realismus zu nennen. Sicherlich war es auf keinen Fall der Stil meines Kunstprofessors, Eduard Beumer, der ein Expressionist war und mich trotzdem ermutigte, meinem Stil treu zu bleiben. Mein Professor in grafischer Kunst – wie etwa Lithografie, Kupferstiche oder Radierungen – hieß Herbert. Ich kann mich gerade nicht an seinen Vornamen erinnern.

F: Wer waren deine Freunde?

A: Hm, also Ernst Fuchs war mir voraus, aber wir wurden erst viel später Freunde. Mein bester Freund dort war Helmut Lehab, dessen richtiger Name Leherbauer war. Er ist vor sechs oder sieben Jahren gestorben. Meine engsten Freunde waren eigentlich Schriftsteller und Musiker. Ich traf H.C. Artmann, als er in einem Kunstverein ein Bier trank; das war um 1951. Wir wurden gute Freunde und ich verbrachte viel Zeit mit ihm in Paris, Hamburg, Berlin oder in Malmö und Stockholm in Schweden. Um 1953 konnten wir [Österreicher] einen Reisepass bekommen und so begann ich zu reisen um etwas von der Welt zu sehen. Da ich eine Halbwaise war, brauchte ich ein spezielles Visum um durch Österreich reisen zu können, da das Land noch immer in vier Zonen unterteilt war während der alliierten Besatzung [die 1955 endete]. In Paris lungerten H.C. und ich im Kaffeehaus Cupol herum, das ein Treffpunkt für viele ausländische Künstler und Schriftsteller war. H.C.s Bücher waren Bestseller also hatte er, im Vergleich zu mir, Geld aber er war nicht immer im Stande es zu behalten! Trotzdem war ich immer ein willkommener Gast bei ihm. Wir standen uns unser ganzes Leben lang sehr nahe. Ich war bei ihm, einige Stunden bevor er am vierten Dezember 2000 starb.

Ich sollte noch unseren „Kunstverein“ erwähnen; das war alles sehr locker und ungezwungen. Wir versammelten uns in Bars oder Jazzklubs, um uns zu unterhalten. Ich erinnere mich als Jean Cocteau einmal mach Wien kam und ein sehr interessantes Gespräch führte. Er war stockschwul und ich nehme an, dass er auch Ausschau nach ein paar netten jungen Männern hielt. Jeder wusste davon; es war kein Geheimnis. Aber während des Kriegs gab es keine Kunstszene, also öffneten Besuche [wie etwa der von Jean Cocteau] ein Fenster in die große Welt der Kunst für uns.

F: Wie war da Leben in einer großen Stadt, die von den „Vier Mächten“ besetzt war?

A: Wir ignorierten es einfach. Es betraf uns nicht wirklich, nicht so wie der Einmarsch der Russen 1945. Damals brauchten wir eine „I-Karte“ [Personalausweis-Karte]. Später sahen wir bloß Schilder auf denen z.B. stand, „Sie verlassen gerade die französische Zone.“, usw. Der erste Bezirk in der Stadtmitte wurde von allen vier Mächten gemeinsam besetzt. Sie patrouillierten in einem Jeep – „Vier im Jeep“, nannten wir es.

F: Wie hast du die Akademie verlassen?

A: Ich begann Einzelausstellungen in Kunstvereinen, Kaffeehäusern und in Kellern zu haben. So etwas war Kunststudenten strengstens verboten. Ich weiß nicht warum, es war eine dumme, bürokratische Richtlinie und ich wollte bloß frei sein und malen. Wie auch immer, 1954 schmissen sie mich raus. Mein alter Realschul-Professor, Ernst Höffinger, nahm mich daraufhin zu einem echten Kunstverein mit, der „Der Kreis“ genannt wurde. Arnulf Neuwirt war der Leiter von „Der Kreis“ und er hieß mich willkommen. Ich war der Jüngste dort. Sie unterstützten mich sehr in meiner Arbeit und erlaubten mir an Gruppenausstellungen teilzunehmen. Der Grund warum ich das erste Mal Österreich verließ war eben so eine Ausstellung in München. Wir fuhren auch in die Schweiz. Meine erste richtige Einzelausstellung war in Bern.

F: Erzähl mir von Marika.

A: Marika war eine Keramikerin aus Ungarn. Sie wurde in Nagivarod geboren, das heute Teil Rumäniens ist. Ihre Mutter war Jüdin und überlebte, da sie mit einem Arier verheiratet war. Ihr Vater war Chemiker und sie zogen nach Wien nachdem die Kommunisten in Rumänien und Ungarn an die Macht kamen. Wir lernten uns in einem Kunstverein kennen, als ich so um die 21 war, gleich nachdem ich von der Akademie geflogen war. Sie war wunderschön. Wir heirateten ein halbes Jahr später im Jahre 1957. Wir hatten eine kleine Wohnung in der Mollardgasse. Ich malte wie verrückt und sie machte Keramikkunst. Um etwas Geld zu verdienen entwarf sie Damenhandtaschen, die wir gemeinsam für ca. ein Jahr herstellten. Ich eröffnete eine Galerie mit dem Namen „Zur silbernen Rose“ in einem Palais gleich bei der Wiedner Hauptstraße. Wir organisierten einige Gruppenausstellungen, die Kunstwerke von Kurt Regschek, Helmut Kies, Karlheinz Pilcz und Richard Mattuschek zeigten. Michael Coudenhove-Kalergi war auch einer von ihnen. Ich hatte damals zum ersten Mal Erfolg und konnte meine Bilder verkaufen. Das war eine seltsame Situation. Jemand war an uns interessiert und wollte unsere Bilder kaufen!

F: Erzähl mir mehr über deine Zeitgenossen.

A: Also, Kurt [Regschek] war unser „Mystiker“; er glaubte an die alten Märchen und die griechische Mythologie. Das spiegelten seine Bilder wieder. Helmut Kies liebte schnelle Autos, genauso wie ich. Erst viel später begann er sich für die Ballonfahrt zu interessieren; Ballons schienen immer in seinen Bildern aufzutauchen. Pilcz war ein netter, freundlicher Kerl. Ich erinnere mich, dass er nach der Akademie Mittelschullehrer wurde und finanziell besser abgesichert war, als der Rest von uns. Richard Mattuschek war eine Art „Unterweltcharakter“. Er hatte einige Mädchen, die für ihn arbeiteten. Und das waren wunderschöne Mädchen! Später wurde er berühmt für die 68er Studentenrevolution; er war in Paris und wurde Anführer dieser Bewegung. Michael Coudenhove-Kalergi stammte aus seiner alttschechisch-österreichischen Aristokratenfamilie. Er war Mitglied der kommunistischen Partei Österreichs [KPO] aber ich war immer der Meinung, dass das nur eine Reaktion auf seine Familie war. Er lebte wirklich miserabel und war einer der Ärmsten von uns, da die Kommunisten ihn nicht unterstützten und seine Familie ihm nicht helfen wollte, da er Kommunist war. Vielleicht hat er sich auch die falschen Frauen zum Heiraten ausgesucht, aber trotzdem ist er meiner Meinung nach zweifellos ein großartiger Künstler.

F: Wie war das damals mit den Autos?

A: Ungefähr um die gleiche Zeit begannen mich Autos und Geschwindigkeit zu faszinieren. Flugplatz-Rennen waren damals sehr populär, vor allem bei Wien/Aspern, wo ursprünglich der alte internationale Flughafen gelegen war; auch bei Linz, Graz/Thalerhof und Hörsching. Der berühmteste Ort jedoch war Zeltweg in der Steiermark. Sie hatten alle Lande- und Rollbahnen aus Beton, die in die Rennstrecke einbezogen wurden. Ich kaufte einen neuen italienischen Abarth 750 [ein Motor mit 750 cc] und dann einen gebrauchten Alfa Romeo 1900 TI. Ich nahm ein bisschen Aluminium vom Zylinderblock weg um die Kompression zu erhöhen, baute größere Ventile ein, Kanäle polierte, solche Sachen eben.

Ich war in Dutzenden von Rennen und gewann einige. In einem Jahr gewann ich den „Flugplatz Cup“. Der Abarth kam auf ca. 150 km/h was ziemlich schnell war für so ein leichtes Auto. Der Alfa kam auf ca. 200 km/h. Um an mehr Geld für diesen verrückten Sport zu kommen, arbeitete ich für Casinos in ganz Österreich, in vielleicht fünf, als Roulette-Croupier. Die Casinos gehörten alle zur selben Firma, der Österreichischen Casino AG. Sie machten einen Riesenumsatz—die Casinos, nicht die Spieler—und zahlten Unmengen an Steuern. Das ist auch der Grund, warum sie überhaupt zugelassen waren. Dann, nachdem wir ca. sechs Jahre zusammen gewesen waren, ließen Marika und ich uns scheiden. Wir haben uns nicht gestritten, aber wir wollten nicht mehr verheiratet sein. Ich will darüber nicht mehr sprechen.

F: Wie bist du denn letztendlich am Land, im Waldviertel in Niederösterreich gelandet?

A: Nach einer Scheidung gab ich die Galerie, die Wettrennen und die Arbeit in den Casinos auf. Um 1965 hatte ich eine Einzelausstellung in der Galerie Peitner-Lichtenfels und verkaufte alle meine Bilder. bevor sie überhaupt aufgehängt worden waren! Und das heißt schon was. Das erste Mal in meinem Leben hatte ich etwas Geld. Also nahm ich das Geld und kaufte ein altes Bauernhaus in Raan, ein winziger Ort mit nur 16 Häusern nordwestlich von Wien. Einige meiner Freunde waren Architekturstudenten, zogen dort ein und begannen es zu restaurieren. Ich mochte die Ruhe und arbeitete wie verrückt an meinen Bildern. Es gibt zwei Arten von Künstlern: Einige lieben die Stadt mit all dem Lärm. Andere bevorzugen die Wälder und das Leben am Land. Ich bin Teil der letzteren Gruppe.

F: Wie begannen deine ausgedehnten Reisen?

A: 1967 wollte ein Freund von mir, ein Ethnologe namens Irenäus Eibl von Eibesfeldt Forschungsarbeit in Bali und Neuguinea betreiben. Er war ziemlich berühmt in seinem Gebiet, er untersuchte das menschliche Verhalten in verschiedenen Kulturen. Er sammelte außerdem meine Bilder und lud mich ein mitzukommen. Natürlich gab ich ihm ein zwei Gemälde. Wir flogen mit KLM nach Jakarta und wohnten in der österreichischen Botschaft wie zwei VIPs. Dann ging es weiter nach Bali, wo ich bei einer Brahmanen-Familie wohnte. Garia war der Hohepriester der Sanur Gemeinschaft. Ich lebte zusammen mit seiner Familie und konnte alle Zeremonien ihres Lebens mitverfolgen: Hochzeiten, Feuerbestattungen, Haustaufen, Dinge wie diese. Das gab mir einen Eindruck davon, was spirituelles Leben war. Ich wurde verrückt nach balinesischer Kunst.

Ein Freund vom MG Rennauto Klub namens Peter Rindel war Kultur-Presseattaché bei der Botschaft in Tokyo. Er lud mich ein nach Japan zu kommen und meine Bilder auszustellen. Ich wohnte in einem Gästehaus bei der Botschaft. Meine Bilder verkauften sich gut. Ich weiß nicht – ich weiß wirklich nicht – warum die Japaner von meiner Kunst angezogen waren. Die Berichterstattung in den Medien über mich war gut. Peter Rindel war ein interessanter Typ. Er war gelernter Journalist und ein Kommunist in seiner Politik. Während des Bürgerkriegs war er in Spanien als Korrespondent auf der Seite der Republikaner gegen Franco. Er war später Korrespondent für „die Presse“ und den „Christian Science Monitor“ {„Christlicher Wissen-schaftsbeobachter“}, die, meiner Meinung nach, beide eher auf der konservativen Seite waren. 1960 fand Peter in Indien ein ausgesetztes Baby, ein Mädchen, das auf der Straße lag. Er adoptierte und erzog sie. Heute lebt sie in Österreich. Als ich Mihoko 1971 heiratete war Peter unser Trauzeuge.

F: Wann hast du Mihoko kennengelernt?

A: Peter Rindel war gerade zu Hause auf Urlaub in Österreich quasi, da er als Kultur- und Presseattaché auf der Botschaft in Tokyo beschäftigt war. Er lud mich nach Japan ein um eine Einzelausstellung in der Franel Galerie zu inszenieren. Das muss so um 1969 gewesen sein. Die Japaner liebten meine Kunst sehr und kauften meine Bilder wie verrückt. Als Gast des Botschafters wurde ich eingeladen, in seiner Residenz zu wohnen und das war schon ein Erlebnis für mich. Ich glaube, er mochte meine Kunst.

F: Wie bist du denn dorthin gereist?

A: Damals gab es keine direkten Flugstrecken dorthin. Ich musste selbst für mein Ticket bezahlen. Am billigsten war es über die Sowjetunion. Es kostete ca. 11.000 Schilling oder etwa 850 Euros für den Hin- und Rückflug. Es hätte 25.000 gekostet. wenn ich die Flugstrecke über den Nahen Osten und Indien gewählt hätte, also nahm ich den Zug von Wien nach Moskau über Warschau. Damals musste man für jedes einzelne Land, durch das man reiste, ein Visum beantragen. In Brest bei der Sowjetgrenze änderte sich die Spurweite der Eisenbahnschienen und wurde breiter. Sie mussten jeden Waggon hochhieven und Räder montieren, die weiter auseinander waren als die originalen. Es gab keinen Speisewagen auf der Strecke nach Moskau und wir waren alle am Verhungern! Nach einer Nacht in Moskau stieg ich ins Flugzeug, eine Aeroflot Tupolev 114, und flog nonstop nach Chabarowsk. Das war ein sehr interessantes Flugzeug: Gepfeilte Tragflächen und vier große Turboprops {Turboprop ist eine Kombination aus Turbine und Propeller und gilt als landläufige Bezeichnung für Propellerturbinenluftstrahltriebwerk , das auch als PTL bezeichnet wird} mit gegenläufigen Doppelpropellern. Es gab sechs Sitze pro Abteil, genauso wie in einem Zug. Der Flug schien ewig zu dauern. In Chabarowsk stieg ich um in einen speziellen Zug der an der Chinesischen Grenze entlang runter führte, durch Wladiwostok zum zivilen Hafen bei Nachodka. Wladiwostok war eine große Militärbasis und war für Außenstehende nicht zugänglich. Die Chinesen unter Mao und die Russen hatten damals einen Grenzstreit entlang des Ussuri, was die Sache interessant machte. In Nachodka bestieg ich ein Schiff, das aus der DDR stammte. Sie hatten drei davon in ihrer Flotte, aber da sie in Ostdeutschland erzeugt worden waren, funktionierte alles. Insgesamt hat es sechs Tage gedauert. Heutzutage fliegt man etwa 11 Stunden. Einmal hab ich die gleiche Reise mit der Transsibirischen Eisenbahn unternommen, das hat 11 Tage lang gedauert. Ich hab das nur ein einziges Mal gemacht!

F: Wie hast du Mihoko Ogawa kennen gelernt?

A: Sie war Assistenz-Direktorin bei dem japanischen TV Station NET. An einem Nachmittag fragte mich ein Freund, Louis Fransen, ein Maler und ehemaliger Jesuiten-Missionar, ob ich sehen wollte, was bei einem Fernsehsender hinter den Kulissen abläuft. Ich hatte nichts vor, also kam ich mit. Es war viel los, einige Produktionen waren am Laufen und eine junge Frau leitete die Schauspieler und organisierte die Filmsets. Plötzlich begann ein Erdbeben. Die Scheinwerfer schlugen zusammen und es war sehr furchteinflößend. Die junge Frau rannte zu uns herüber. Sie nahm meine Hand und führte mich hinaus zu einem Parkplatz. Trotz des ganzen Trubels fand ich das Erlebnis sehr schön. Ich war wie vom Blitz getroffen und Hals über Kopf verliebt. Wir fingen an, miteinander auszugehen. Wir heirateten und Mihoko zog zu mir nach Österreich aufs Land nach Raan. Ich sprach kein Japanisch, aber sie sprach gutes Englisch und so konnten wir anfangs miteinander kommunizieren. Sie spricht jetzt fließend Deutsch. Sie spricht Hochdeutsch, aber von unseren Buben hat sie gelernt, unseren lokalen Dialekt, Waldviertlerisch, zu verstehen. Manchmal erfindet sie reizende Ausdrücke, die wir alle sehr schätzen und in Erinnerung behalten. Wir haben zwei gemeinsame Söhne und fünf Enkel. Unsere Söhnen haben nie Japanisch gelernt, aber Mihoko kümmert sich oft um die Enkelkinder und spricht Japanisch mit ihnen.

F: Letzte Frage: Fliegen

A: Meine ersten Eindrücke vom Fliegen hatte ich, als ich die 109er bei der Luftwaffe Training-Basis bei Tulln/Langenlebarn beobachtete. Die Geschwindigkeit und die Geräusche beeindruckten mich sehr, es war wie ein Formel-Eins Rennen. Ich sah wie einige von ihnen UNTER einer Eisenbahnbrücke durchflogen, die bei Tulln über die Donau führte. Das muss so um 1942 oder 43 gewesen sein. Jahre später begann ich mich für Autos, Klettern, Rallyes und Flughafen Rennen auf verlassenen Flugfeldern zu interessieren.

In den späten 70ern, flog ich nach Kalifornien, um meinen Freund [Charlie Quilter] zu besuchen, der Kampfpilot gewesen war und zur damaligen Zeit Luftlinienpilot war. Wir flogen nach Catalina Island in einer Cessna 172 und auf dem Rückweg, zeigte mir [Charlie] in Grundzügen wie man ein Flugzeug steuert. Beim Orange County Flughafen leitete er mich mündlich bei einer Landung auf der weiten Landebahn. Ich war fasziniert von der Idee, dass ich eine Maschine steuern konnte, die durch die Luft flog. Charlie schrieb über meine frühen Erlebnisse in meinem ersten Buch „Nachmittag des Abenteurers“.

Ich begann Flugstunden zu nehmen, erwarb eine Privatlizenz und später eine Instrumentenflugberechtigung. Ich kaufte eine alte Cessna 150 mit ca. 100 PS. Ich flog so oft ich die Gelegenheit dazu bekam, über ganz Europa, Schweden und sehr oft nach Griechenland, wo wir ein Haus auf dem Pelion hatten, einmal nach Israel mit Passagieren und nach Nordafrika nach Tunesien und Marokko. Das war ein großer Spaß. 1992 kratzte ich jeden Schilling, den ich hatte, und zusammen mit zwei Freunden, Erwin Lindtner und Harald Passecker mieteten wir eine einmotorige Turboprop, eine Socata TBM 700 mit einem PT-6 Motor und nahmen an einem Wettfliegen um die Welt teil. Dieses Rennen wurde von Bernard Lamy organisiert, einem früheren General in der französischen Luftwaffe. Die Rennstrecke begann in Genua und führte durch Finnland, Russland, Alaska, Kalifornien, Maryland, Grönland, Shannon in Irland und endete in Cannes.

Die Strecke durch Russland war sehr interessant, da die Sowjetunion gerade aufgehört hatte zu existieren und man das Gefühl hatte, dass viele Regeln außer Kraft gesetzt waren. Sie behandelten uns sehr gut und wir trafen einige großartige Menschen dort. Sie gaben uns eine Liste mit Flug-Koordinaten für unsere Strecke mit auf den Weg. Wir hatten einen Vorgänger des GPS, der sehr teuer war. Das Wetter war wirklich nicht so schlimm und es gab keine Vorfälle bei den 26 Flugzeugen. Am Ende waren wir zweiter, gemessen an der durchschnittlichen Geschwindigkeit, obwohl unser „Handicapergebnis“ nicht so toll war. Zu dieser Zeit war ich schon um die 1000 Stunden geflogen und hatte das Gefühl, dass nichts dieses Erlebnis toppen konnte, also flog ich weniger und weniger bis ich 1994 ganz aufhörte. Dann begann ich zu segeln. Ich habe eine „Oldtimer“-Holzknickspanter, mit der ich in der Adria herumsegle.

ENDE